Digitale Führung: Wenn die KI im Chefsessel sitzt

22. Juli 2024

Immer weniger Menschen wollen Führungsaufgaben übernehmen und viele Beschäftigte sind mit ihren Vorgesetzten unzufrieden. Gleichzeitig werden KI-Systeme permanent besser. Sie könnten die Lösung des Problems sein. Doch gibt es ein paar Haken.

Viele Aufgaben von Chefs und Chefinnen werden ohnehin schon von KI-Anwendungen unterstützt oder übernommen. Beispielsweise, wenn es darum geht, Prozesse zu optimieren oder Arbeitsabläufe zu strukturieren. Und je rasanter der Fortschritt in diesem Bereich ist, desto mehr werden hinzukommen. Gleichzeitig wollen junge Talente nicht mehr zwangsläufig eine steile Karriere machen und auch manch altgediente Führungskraft will Verantwortung wieder abgeben. Insbesondere Stellen im unteren und mittleren Management sind weniger beliebt, da sich viele Menschen dort zwischen den Stühlen fühlen: Einerseits erleben sie die Probleme von ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, andererseits bekommen sie selbst Druck von oben.

Künstliche Intelligenz ist unbegrenzt belastbar

Künstliche Intelligenz hat nicht nur den Vorteil, riesige Datenmengen in Windeseile auszuwerten und damit eine gute Grundlage für strategische Entscheidungen zu schaffen. Sie begegnet auch den Sorgen der Teammitglieder ohne Vorurteile und muss selbst nicht umsorgt werden. Sie ist nie gestresst, cholerisch oder herablassend. Vor allem aber hat sie enorm dazugelernt, was Kommunikation und Empathie angeht. Diese beiden Soft Skills sind heutzutage fast noch wichtiger als die Fachkompetenz. Es zeigt sich aber häufig, dass es bei vielen Führungskräften genau hier hakt. So ist nach einer aktuellen Studie des Gallup Instituts nur ein Viertel aller Angestellten mit ihrer Führungskraft äußerst zufrieden. Lediglich ein Drittel findet, dass ihre Führungskraft sich Zeit für ihre Belange nimmt.

Für die Mitarbeiterzufriedenheit ist es ganz entscheidend, dass man das Gefühl hat, sich jederzeit an seinen Vorgesetzten wenden zu können und dort auf offene Ohren zu stoßen. Das erleben wir als Personalberater in unseren Gesprächen immer wieder. Eine Künstliche Intelligenz ist rund um die Uhr für alle Teammitglieder erreichbar. Sie muss ihre Zeit nicht auf jeden Einzelnen aufteilen. Dazu kommt, dass sie sich auch jederzeit auf Inhalte aus früheren Gesprächen beziehen kann, etwas, woran die meisten Führungskräfte naturgemäß scheitern. Die Frage ist, ob die Beschäftigten eine digitale Führungskraft akzeptieren. Psychologen erklären, dass Menschen durchaus eine Beziehung zu Maschinen aufbauen können. Dafür spricht, dass Alexa in vielen Wohnzimmern schon lange ein geschätztes Familienmitglied ist.

Menschen lernen aus Krisen

Eine digitale Führungskraft kann sich an die Bedürfnisse der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter anpassen: Lob verteilen nach einem gelungenen Projekt, sowie auf dem Weg dorthin. Diese Wertschätzung vermissen Angestellte häufig, wie Studien zur Mitarbeiterzufriedenheit immer wieder deutlich machen. Aber KI kann auch ein objektives Feedback geben, wenn etwas nicht so gut gelaufen ist.

Darin sieht Niels Van Quaquebeke, Professor an der Kühne Logistics University in Hamburg allerdings einen entscheidenden Nachteil. Denn auch wenn er überzeugt ist, dass „KI besser ist als mittelmäßige Führungskräfte“, warnt er vor einer allzu heilen Arbeitswelt. Denn er ist überzeugt, dass der Mensch normalerweise an Konflikten und Krisen wächst. Aus Sicht unserer Personalberatung können wir dem voll zustimmen. Selbst wenn jemand in einer Konfliktsituation scheitert, hilft die Erfahrung in künftigen Krisen souveräner zu handeln. Daher erweist es sich vielleicht als Bärendienst, wenn KI das unbeliebte mittlere Management ersetzt. Denn hier gibt es Lernprozesse, die gute Führungskräfte für Top-Positionen qualifizieren.

Das sagt ChatGPT zu einer Rolle als Führungskraft

Und was sagt die Künstliche Intelligenz selbst dazu? Wir haben ChatGPT befragt: „Künstliche Intelligenz (KI) kann in verschiedenen Bereichen der Führungsaufgaben unterstützen und positive Auswirkungen haben.“ Vor allem bei der Datenanalyse und Entscheidungsfindung, bei der Automatisierung von Routineaufgaben, beim Personalmanagement, bei Kommunikation und Zusammenarbeit sowie beim Risikomanagement sieht das KI-Werkzeug seine Stärken. Zum Schluss macht es aber selbst die Einschränkung: „Es ist wichtig zu beachten, dass der Einsatz von KI in Führungsaufgaben ethische Überlegungen erfordert. Führungskräfte sollten sicherstellen, dass KI-Systeme transparent, fair und verantwortungsbewusst eingesetzt werden, um mögliche negative Auswirkungen zu minimieren.“

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